Montessori-Material
Der Gruppenraum – die vorbereitete Umgebung
Der Kindergarten als pädagogisch-vorbereitete Umgebung bietet jedem Kind auf seiner Entwicklungsstufe eine Vielfalt von sinnvollen Anregungen und Betätigungsmöglichkeiten. Somit ist der Gruppenraum wohnlich eingerichtet und überschaubar geordnet und das breit gefächerte Angebot an Spiel- und Arbeitsmaterialien fordert die Kinder zu selbständigem, aktivem Tun heraus.
Die Montessori-Materialien, Kernstück der vorbereiteten Umgebung, sind speziell auf die Lernbedürfnisse der Kinder in ihren sensiblen Entwicklungsphasen abgestimmt. Jedes Material ist nur einmal vorhanden, was nach Absprache und gegenseitige Rücksichtnahme verlangt – die Kinder lernen zu warten. Alle Materialien erlauben praktische Erfahrungen. Beim Tun mit den Händen lernt das Kind wichtige Zusammenhänge zu begreifen. Die Kinder wählen bei Montessori frei, nach ihrem jeweiligen Entwicklungsstand, mit welchem Material sie arbeiten möchten.
Die Materialien, von Montessori „Mittel zur Selbsterziehung“ genannt, ermöglichen dem Kind selbständiges Lernen in den verschiedenen Bereichen:
1. Übungen des täglichen Lebens
2. Sinnesmaterialien
3. Mathematikmaterialien
4. Sprachmaterialien
5. Materialien zur kosmischen Erziehung
1. Die Übungen des täglichen Lebens
Hier können Kinder schütten und löffeln, nähen und kochen, putzen und waschen, Schuhe putzen, eine Kerze anzünden, Knöpfe schließen und öffnen, alle Dinge nachempfinden und vor allem praktisch erlernen, was wir Erwachsenen spielend und nebenher erledigen. Denn jedes Kind will lernen, strebt nach Selbständigkeit und möchte wie der Erwachsenen sein. Montessori erwählte aus ihrer Beobachtung der Kinder den Spruch „Hilf mir es selbst zu tun„.
2. Die Sinnesmaterialien
Wie der Begriff schon verrät, werden beim Umgang mit diesen Materialien die Sinne der Kinder geschult. Montessori erkannte, dass nichts in den Geist geht, was nicht vorher in den Sinnen war. Das Material ermöglicht den Kindern, bewusster zu sehen, zu riechen, zu hören, zu fühlen, zu erkennen, zu unterscheiden. Alle Sinne werden einzeln angesprochen. Das Kind überträgt die gesammelten Erfahrungen auf seine Umgebung. Es wird aufmerksamer auf Gewicht, Größe, Farbe, Form u. a. Die Umwelt ist kein „Chaos“ mehr. Montessori nannte ihr Material: „Schlüssel zur Welt“.
3. Die Mathematikmaterialien
Durch sinnhaften Umgang mit ihm kann das Kind vielfältige Erfahrungen sammeln, die zu einem späteren Zeitpunkt in abstrakte Erkenntnisse übergehen. So lernt das Kind durch das Anfassen, das Fühlen und „Begreifen“ von Mengen, diese im Kopf zu begreifen – zunächst die Zahlen bis 10, dann das Dezimalsystem und später auch die Zahlen bis 10.000. Freude an Zahlen und Riesensummen ist spürbar.
4. Die Sprachmaterialien
Das Kind im Kindergarten hat einen großen Worthunger, denn es befindet sich in der Phase des größten Spracherwerbs seiner Muttersprache. Das Sprachmaterial besitzt große Bedeutung, weil es die Sprachbildung Schritt für Schritt erweitert. Das Kind entdeckt beispeilsweise, dass Worte aus Lauten zusammengesetzt sind, die durch Buchstaben sichtbar gemacht werden können. Maria Montessori erkannte, dass bereits das vier- bis sechsjährige Kind das Bedürfnis und Interesse am Lesen und Schreiben besitzt.
5. Die Materialien zur kosmischen Erziehung
Glauben Sie jetzt bitte nicht, dass wir im Kindergarten Astronomie unterrichten! Nein, unter kosmischem Material ist all Jenes zu verstehen, welches sich mit der Natur beschäftigt. Die Welt ist riesengroß und bunt. Deshalb gibt es Experimente und viele Möglichkeiten um zu testen, was ist magnetisch, was leitet Strom weiter, was schwimmt? Das Kind nimmt in seinen ersten Lebensjahren eine Unmenge von Eindrücken aus seiner Umgebung auf, z. B. von Pflanzen, Tieren, vom Wechsel der Jahreszeiten, und vielen anderen Erscheinungen in der Natur, die es täglich erlebt. Wir regen das Kind an, mit all seinen Sinnen seine Welt zu erforschen, ihre Schönheit zu erkennen und eine tiefe Zuneigung und Verantwortung für sie zu entwickeln.
Dies alles setzt voraus, dass die Materialien inhaltlich komplett vorhanden sind, nichts zu einer Übung fehlt, alles sauber und ansprechend dargeboten für das Kind bereit steht, Regeln eingehalten werden, die das Material schützen und im Besonderen die ernstzunehmende Arbeit des Kindes schützen und möglich machen. Außerdem enthalten viele Materialien eine Lernkontrolle, somit wird das Kind unabhängig von der Kontrolle, dem Lob oder Tadel des Erwachsenen.
In jedem Material wird eine Eigenschaft besonders hervorgehoben, bestimmte Schwierigkeiten werden isoliert und dem Kind somit eine klare Gliederung seines Lernens ermöglicht.
Kinder lernen in sensiblen Phasen und unsere Aufgabe als Erzieherin ist es, zu erkennen, wann Unterstützung notwendig ist und wie wir den natürlichen Wissensdurst der Kinder stillen können. Wir sehen uns als Helfer und Unterstützer in diesen ersten Jahren im Kindergarten und bieten unsere vorbereitete Umgebung im Kindergarten dazu an.
Montessori sagte: „So wie ein Kind nicht sagen kann, es möchte nicht wachsen, kann es auch nicht sagen, ich möchte nicht lernen“.